Ein Projekt des Hamburger Instituts für Sozialforschung in Kooperation mit dem Einstein Forum, Potsdam

Berliner Colloquien zur Zeitgeschichte

Berliner Colloquienzur Zeitgeschichte
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Die Rückkehr der politischen Ökonomie in die ZeitgeschichteKonzept: Jens Hacke und Tim B. Müller

28. und 29. September 2012

Ist die Wirtschaft doch unser Schicksal? Walther Rathenaus bis zur Abnutzung zitiertes Wort hat neue Aktualität erhalten. Debatten über Wirtschaftsfragen sind nicht mehr auf die Gruppen beschränkt, für die Wirtschaft schon professionell das Schicksal bedeutet. Seit der »Krise« der letzten Jahre wird das Verhältnis von Politik und Ökonomie mit neuer Intensität diskutiert. Was hält Demokratie und Kapitalismus überhaupt zusammen? Ist die Demokratie gefährdet, wenn der Wohlfahrtsstaat zerfällt, die Wahrnehmung sozialer Gerechtigkeit schwindet? 

Die Berliner Colloquien zur Zeitgeschichte widmeten sich der Frage, wie sich diese öffentlichen, intellektuellen und wissenschaftlichen Diskussionen auf die Perspektive der Zeitgeschichte auswirken – und welchen Beitrag die historische Forschung selbst zu diesen Debatten leisten kann. Es ging also nicht darum, die Wirtschaftsgeschichte in den Mittelpunkt der Zeitgeschichte zu rücken, sondern zu ergründen, ob eine Fokussierung auf die »politische Ökonomie« der Zeitgeschichte ein schärferes fachliches wie gesellschaftliches Profil geben kann. 

Identität und Generation, Gedächtnis und Erinnerung, Repräsentation und Performanz sind in den letzten Jahren Leitbegriffe der Geschichtswissenschaft geworden. Wie kann eine Zeitgeschichte, die diese kulturgeschichtliche Öffnung nicht zurücknehmen will, ihr Interesse wieder auf die Fragen von Herrschaft und Ungleichheit, der Verteilung von Macht und Wohlstand, der ökonomischen Sicherung politischer Ordnung und der politischen Regulierung sozio-ökonomischer Strukturen, der Paradoxien und Pathologien von Demokratie und Kapitalismus richten? Gibt es doch vorgelagerte politisch-ökonomische Räume, in denen erst sich Kultur und Gesellschaft, Individuen und Identitäten entfalten können? Mehren sich die Anzeichen für einen Prozess des disziplinären Umdenkens, der Privilegierung eines politisch-ökonomischen Erkenntnisinteresses? Wie kam es dazu, dass in der Zeitgeschichte die politische Ökonomie »vergessen« wurde, und wie kann sie diese Fragen nun neu stellen? Was lässt sich dabei von anderen Fächern wie der Soziologie lernen? Wie viel an technischen Kenntnissen der Ökonomie ist notwendig, ohne die großen politischen Fragen der Integration und Legitimität aus dem Auge zu verlieren? Können jüngste zeitdiagnostische und zeithistorische Stichworte und Analysen wie die von Wolfgang Streeck, Pierre Rosanvallon oder Daniel Rodgers als Leitfaden dienen? Und wie sehr schlägt dabei die eigene Erfahrung der unmittelbaren Gegenwart ungefiltert auf die Wissenschaft durch?

Tagungssprache war Deutsch.

Gäste

Fragenkatalog

Im Gespräch mit Tim B. Müller

Adam Tooze im Mittelweg 36

Charles Maier im Mittelweg 36