Ein Projekt des Hamburger Instituts für Sozialforschung in Kooperation mit dem Einstein Forum, Potsdam

Berliner Colloquien zur Zeitgeschichte

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»Exit Options«: Krisen und Spielräume imperialer HerrschaftKonzept: Bernd Greiner, Dierk Walter und Claudia Weber

1. und 2. Juli 2011

Imperiale Herrschaftskrisen und das ihnen eigene Spannungsverhältnis aus Stabilität und Transformation/Niedergang stehen im Mittelpunkt eines neuen Forschungsschwerpunktes am Arbeitsbereich »Theorie und Geschichte der Gewalt« des Hamburger Instituts für Sozialforschung. Eine Niedergangsteleologie, wie sie aus der gängigen Kontrastierung »anachronistischer« Imperien mit »modernen« Nationalstaaten entspringt, gilt es dabei ebenso zu vermeiden wie eine Reduktion imperialer Krisen auf Durchsetzungskrisen politischer Machtprojektion (nach außen oder innen).

Uns interessiert, welche Handlungsoptionen imperiale Eliten in Herrschaftskrisen generieren, wobei die Wahrnehmung einer Herrschaftskrise nicht notwendig mit dem gesellschaftlichen Krisenbewusstsein übereinstimmen muss, beide sich aber gegenseitig bedingen.

Vor dem Hintergrund dieser gesamtimperialen, pluralen und miteinander durchaus konfligierenden Krisen verstehen wir Imperium grundsätzlich als komplexes gesellschaftliches Phänomen mit einer Vielzahl von Akteuren in Metropole und Peripherie. Der Zusammenhalt des Imperiums basiert dabei nicht ausschließlich und nicht auf Dauer auf einer monolithischen politisch-militärischen Herrschaftsstruktur und der Ausübung von Gewalt. Er ist auch und nicht zuletzt das Resultat andauernder Aushandlungsprozesse über imperiale Integrationsangebote und Zugehörigkeitskonstruktionen.

Der Rückgriff auf Gewalt, die Neuaushandlung gesamtimperialer Integrationsangebote und die Transformation politischer Machtausübung bleiben in imperialen Krisen  Handlungsoptionen, deren Erfolg oder Misserfolg die Adaptions- und Überlebensfähigkeit von Imperien definiert. Beharren die imperialen Eliten auf der starren Aufrechterhaltung von Herrschaft bzw. Dominanz, auch um den Preis des Kollapses imperialer Positionen, schlimmstenfalls gar des Imperiums durch den Einsatz von Repressionsgewalt? Oder lassen sie Güterabwägungen zwischen essentiellen und peripheren Positionen zu, die durch eine partielle Transformation imperialer Herrschaft oder durch die Aufgabe einzelner Machtpositionen zugunsten der Stabilisierung anderer ein Überleben des Imperiums mit anderen Mitteln ermöglichen? Sind die Eliten mithin fähig, die Krise als Chance für eine Erneuerung des Imperiums zu betrachten?  Von besonderem Interesse ist dabei für uns, welche Rolle im Verlauf und Ausgang solcher Prozesse die Gewaltoption spielt – wann sie erwogen und wann und unter welchen Bedingungen sie ausgeschlossen wird.

Auf dem Colloquium wurden die Bedingungen, die Chancen und die Grenzen der Transformation imperialer Herrschaft durch solche »Exit Options« diskutiert. 

Tagungssprache war Deutsch.

Gäste

Fragenkatalog

Im Gespräch mit Dierk Walter

Bernd Greiner, Klaas Voß, Dierk Walter und Claudia Weber im Mittelweg 36